Autor: Alexander Wagner, Regie: Martin Gruber

Darsteller: Mikaela Czisch, Alexander Wagner

Szenenfoto: Mikaela Czisch, Alexander Wagner

Gasteig, München

Autistenhochzeit

Uraufführung im Gasteig München, 1993.

Regie: Martin Gruber
Text: Alexander Wagner

Darsteller: Micaela Czisch und Alexander Wagner

Autistenhochzeit ist ein Laborversuch um die Liebe. Medizinisch-poetischer, männlicher Forschergeist trifft auf jungmädchenhafte Sentimentalität.

Die Mittel der beiden Kombattanten? Fast alles ist erlaubt: Sprache, Körperbeherrschung, Walnüsse, Gesellschaftstänze, Kronen, Tränen, Bildschirme, Herzfäden. Und dann: Ring frei! Sich auffallen, ineinanderfallen, Zeit verdichten, bis es dampft, miteinanderfallen, die Vorzeichen vertauschen von Akt zu Akt, auseinanderfallen, wie spiegelverkehrt. Und schließlich, mitten im Winter, kurz vor Ende, die Zeit bleibt stehen für zwei alte Chinesen in Astronautenanzügen, bevor sich die Schlange wieder in den Schwanz beißt.

A: Gefühl, naja, Gefühl, das kann verschieden sitzen. Beim einen sitzt es an den Fingerspitzen, beim Andern ist es halt hinaufverschoben, bis an die Ellenbogen. Doch soll es sehr von Vorteil sein.

Z: Die Liebe kann auch ein Körper sein. Man wird sich an die Teile des Körpers fassen. Dann wird es vielleicht eine Erotik. Da kann man ein Vergnügen haben. Manchmal kann es auch ein Mißgeschick geben. Beim Liebesspielen kann ein Ellenbogen ein Ohr eines Anderen treffen. Beide möchten sich dann höflich entschuldigen.

A: Das werden wir eigentlich oft gefragt. Es gibt da zwei Theorien dazu. Sie vertritt die eine Theorie. Ich vertrete die andere Theorie.

Z: Möchten Sie gerne ausgehen?

A: Ich möchte nicht hinausgehen, weil ich nicht mein ganzes Planetarium ändern möchte.

Pressestimmen:

Eine phantastisch-traumhafte Denkreise durch die Unlogik des Zueinanderfindens. Die Autistenhochzeit erfreut als ein sehr bildhaftes und ausdrucksstarkes Sprach- und Tonexperiment. Spannung gewinnt der Laborversuch um die Liebe aus den Bildern, die der Regisseur Martin Gruber mit seinen Darstellern auf der kargen Bühne entwirft. Ein eigenwillig sinnlicher Theatertraum. Erstklassige Schauspielerei und ideenreiche Theaterexperimente.

AZ vom 24.2.1993

Ein Experimentierstück, das sich seinem Thema – die Unmöglichkeit der Liebe – nähert, indem es mit kryptischer Sprache eintaucht in die rätselhaften Windungen des menschlichen Gehirns, dort wo die Gedanken geboren werden und die Gefühle entstehen. Martin Gruber inszeniert einen wagemutigen Theaterabend zwischen Seelenchirurgie und Chaostheorie.

Süddeutsche Zeitung vom 14.9.1993